Achterbahnfahrt an den Märkten

Die Investoren konnten sich in den vergangenen Wochen über Langeweile nicht beklagen. Zunächst mussten die anhaltend „falkenhafte“ Zinspolitik der beiden großen Notenbanken diesseits und jenseits des Atlantiks verkraftet werden. Und als würden die Anfang Februar getroffenen Zinsentscheidungen noch nicht genug Unsicherheit verbreiten, blieben auch die Kommentare knochentrocken. Frau Lagarde und Herr Powell gönnten den nervösen Marktteilnehmern kaum einen rhetorischen Hoffnungsschimmer, dass es in absehbarer Zeit ein Abrücken von der bisherigen Linie geben könnte. Und diese Linie heißt weiterhin. Die Inflationsbekämpfung geht vor. Die zehnjährigen US-Zinsen stiegen in diesem Umfeld von Anfang Februar bis Anfang März von 3,5 auf 4 Prozent.

Bei den zweijährigen Laufzeiten ging es gar einen ganzen Prozentpunkt von 4 auf 5% aufwärts und aufgrund des Zinsanstiegs verloren langlaufende Bundesanleihen rund 6 Prozent. Müßig, zu erwähnen, dass die Aktienmärkte verschnupft auf diesen harten Kurs reagierten. Dann kam der 10. März und mit diesem Datum die Krise um die Silicon Valley Bank und anschließend die sonntägliche Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS. Nachdem die Finanzmärkte zunächst hierauf verständlicherweise äußerst nervös reagierten, kam es aufgrund der staatlichen Eingriffe recht schnell zu einer Neueinschätzung der Gesamtsituation nach dem Motto: „Die Notenbanken müssen von ihrer harten Inflationsbekämpfung abrücken, da sie durch ihre schnellen Zinsanhebungen mindestens zum Teil für die Krise verantwortlich waren.“ Prompt sanken die Zinsen wieder auf oder sogar unter den Stand von Anfang Februar, die Aktienmärkte erholten sich deutlich und der Goldpreis erlebte ein fulminantes Comeback. Doch was kommt jetzt? Trägt die positive Entwicklung die Märkte noch ein Stück weiter? Oder wird mit „Sell in May..“ eine der bekannten Börsenweisheiten zutreffen? Zunächst einmal wäre es überhaupt nicht überraschend, wenn gerade die gut gelaufenen Aktienmärkte in den kommenden Wochen in beide Richtungen schwanken würden. Eine Korrektur ist ja auch nicht das Ende aller Investorenhoffnungen. Zudem beginnt in diesen Tagen die Berichtssaison für das erste Quartal 2023. Bislang waren die Unternehmensergebnisse insgesamt durchaus ansprechend und die europäischen Luxusgüterhersteller berichteten sogar ausgezeichnete Resultate. Andererseits erreichte die Inflationsrate in den ersten Monaten des Jahres Bereiche, die Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen beunruhigen. Die Zuspitzung der Lohnverhandlungen in wichtigen Branchen dürfte ebenfalls für Unsicherheit bei der Prognose von Auftragseingängen und Produktionskosten führen. Die Erwartungen für die Unternehmensergebnisse im ersten Quartal könnten demnach unter Druck kommen.

Bei der Analyse des zweiten, ganz entscheidenden Einflussfaktor für die Aktienmärkte ist die Lage ebenfalls eher gemischt. Der Rückenwind für die Märkte in Form einer positiven Zinsentwicklung hat in den letzten Tagen nachgelassen. Die Befürchtungen, dass sich die Inflation – trotz nachgebender Energiepreise – über Lohnerhöhungen und weitere Preissteigerungen im Nahrungsmittelbereich und bei Dienstleistungen bereits verfestigt hat, beunruhigt Analysten und Investoren. In der Tat dürfte die Entwicklung gerade in Europa von nun an weniger dynamisch verlaufen als bisher. Dagegen wird in den USA der absehbare Rückgang der im Preisindex hoch gewichteten Kosten für Miete und Hauseigentum (Shelter), die Inflationsrate auch in den kommenden Monaten drücken. Zudem signalisieren eine Reihe von Indikatoren eine Abschwächung der konjunkturellen Dynamik in den USA. Zum Beispiel ist die Kreditvergabe so stark zurückgegangen wie seit 1973 (!) nicht mehr. Hierzu beigetragen haben dürfte die deutlich restriktivere Kreditvergabepraxis der Banken nach dem SVB Kollaps. Besondere Beachtung fand auch der tiefe Absturz des ISM-Index der Industrie im März. Der Einkaufsmangerindex genießt eine relativ hohe Verlässlichkeit bei der Prognose einer Rezession in den Vereinigten Staaten. Die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung dürfte auch für einen Trend verantwortlich sein, der sich seit Anfang März sowohl an den US-Aktienmärkten wie auch in Europa beobachten lässt. Große, schwergewichtige Aktientitel entwickeln sich deutlich besser als mittlere und kleinere. Dahinter dürfte die Überlegung stecken, dass große Unternehmen auf die komplexe und herausfordernde wirtschaftliche und geopolitische Situation besser reagieren und ihre Ergebnisse durch höhere Preissetzungsmacht stärker absichern können als kleinere Konkurrenten. Und es spricht einiges dafür, dass sich dies auch in den kommenden Wochen nicht grundlegend ändern wird. Um das für die Achterbahnfahrt typische Unwohlsein auf ein Minimum zu reduzieren, dürfte daher eine gute Diversifikation mit wachstumsstarken Werten auf der Aktienseite und eine intelligente Streuung auf der Rentenseite sowie eine nicht zu kleine Goldquote hilfreich sein.

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