Inflation runter, Märkte rauf?

Die „good news“ kamen exakt 8 Tage nach der letzten „XXL-Zinserhöhung“ durch die USNotenbank FED Anfang November. Und nach einer Reihe von Enttäuschungen war es diesmal so weit. Die  Inflationsrate in den USA sank nicht nur – jetzt bereits zum vierten Mal in Folge – nein, dieses Mal schaffte es die Teuerungsrate auch die Schätzungen der Analysten zu unterbieten. Statt der erwarteten 8 Prozent, waren es „nur“ 7,7 Prozent und diese Differenz machte einen gewaltigen Unterschied in der Bewertung der Marktteilnehmer aus. Als Sahnehäubchen ergab sich auch bei der stets im Fokus der Märkte stehenden Kerninflationsrate ein Rückgang von 6,6 auf 6,3 Prozent. Damit war der Bann gebrochen, der nach Veröffentlichungen der Inflationsdaten der letzten Monate immer wieder zu deutlichen Enttäuschungen der Marktteilnehmer geführt hatte.

Die positive Reaktion an den Börsen war massiv. Dow Jones und Dax schossen mehr als 3 Prozent, die Nasdaq fast 5 Prozent in die Höhe, während der US-Dollar über 3 Prozent nachgab und die Renditen der Staatsanleihen ebenfalls den Rückzug antraten. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen fiel erstmals seit Anfang Oktober wieder unter 4 Prozent. Der Reaktion war anzumerken, dass viele Marktteilnehmer im Vorfeld der Veröffentlichung  erneut auf höhere Inflationsraten gesetzt hatten und anschließend ihre gegenläufigen Positionen wieder schließen mussten. Dabei gab es bei genauerem Studium der Preisentwicklung in den verschiedenen Bereichen kaum noch einen Zweifel daran, dass die US-Inflationsrate sich deutlich abkühlen würde. Bis auf die nachlaufenden Immobilienpreisindikatoren, die allerdings einen großen Anteil des US Inflations-Baskets ausmachen, verzeichneten nahezu alle relevanten Branchen und Sektoren in den USA in den vergangenen Wochen rückläufige Preisentwicklungen. Besonders auffällig waren hierbei die  Rohstoff- und Energiepreise sowie die Preisentwicklung im Transportbereich und für Nahrungsmittel.

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die dadurch angeschobene Erholung an den Kapitalmärkten noch einige Zeit andauern könnte. Grund hierfür ist der günstige Zeitplan der kommenden relevanten Makrodaten. Die nächsten wichtigen offiziellen Zahlen zur USInflation kommen erst wieder am 13. Dezember und genau einen Tag später wird der Offenmarkt-Ausschuss der US-Notenbank den letzten Zinsentscheid des Jahres 2022 veröffentlichen. Bereits auf der letzten Pressekonferenz der FED ließ deren Chef Jerome Powell durchblicken, dass er sich bei entsprechender Datenlage auch weniger massive Zinsschritte vorstellen könne. Allerdings konterkarierte der oberste Notenbanker im weiteren Verlauf seiner Rede den sich ausbreitenden Optimismus der Marktteilnehmer. Nach den jüngsten Inflationszahlen ging jedoch die Erwartung der Marktteilnehmer, dass die FED im Dezember 2022 erneut eine Zinserhöhung um 0,75% beschließen könnte, deutlich zurück. Eine Zinserhöhung um 0,50 Basispunkte wird aktuell jetzt als deutlich wahrscheinlicher angesehen. Damit könnte der steile Pfad der Zinssteigerungen der US-Notenbank sich erstmals abmildern und hinter den sehr hohen Erwartungen zurückbleiben.

Dieses Szenario könnte für die kommenden Wochen eine weitere Entspannung an den Finanzmärkten inklusive steigenden Aktienkursen, fallenden Renditen und einem schwächeren US-Dollar bedeuten. Zumal FED-Chef Powell anlässlich seiner letzten Rede bei der Brookings Institution in Washington erstmals auch rhetorisch sanftere Töne anschlug. Doch nicht alle Entwicklungen sind für die Investoren auch vorteilhaft. Ein schwächerer US-Dollar beeinträchtigt etwa die Kursgewinne auf US-Aktien, die bislang zu einem großen Teil auf der Aufwertung des Greenback begründet waren. Ähnlich ist die Ausgangslage für Gold- und andere Rohstoffinvestments. Positiv werden die US-Unternehmen die US-Dollar-Wende am Devisenmarkt in Ihren kommenden Quartalsergebnissen vermerken. Im Zuge der letzten Quartalsberichte im Q2 und Q3 stöhnten eine Reihe der weltweit agierenden US-Unternehmen wie Apple, Microsoft, Alphabet oder Amazon unter dem festen Dollar und den Verlusten bei der Umrechnung ausländischer Umsätze in heimische Währung.

Das mit Spannung und Unsicherheit erwartete große „Black-Friday“ Konsumwochenende nach dem Thanksgiving Feiertag in den USA erfüllte die Erwartungen. Einerseits waren die Befürchtungen im Vorfeld gewachsen, dass der wichtigste Konsumentenmarkt der Welt unter der ungünstigen Gemengelage leidet, andererseits zeigen die ersten Zahlen des Wochenendes, dass die US-Konsumenten weiterhin gewillt sind, ihre hohe Konsumquote aktuell beizubehalten. Die Black Friday Rabatt Aktionen sorgten in den USA für neue Rekordumsätze. Laut Adobe Analytics lockten die großen Preisnachlässe vieler Unternehmen die von der Inflation gebeutelten US-Käufer. Der Black Friday hat deshalb wohl zum ersten Mal im Jahr 2022 die USD 9 Mrd. Grenze bei den amerikanischen Onlineumsätzen überschritten.

Dass die Situation im Konsumgüterbereich aktuell sehr komplex ist, wurde im Laufe der aktuellen Quartalsberichtssaison wieder deutlich. Während Walmart mit einem starken Ergebnis und steigendem Aktienkurs überzeugen konnte, stürzte Konkurrent Target ergebnis- und aktienkursmäßig ab. Notwendige Konsumgüter und vor allem das Premium- und gehobene Luxussegment glänzen zuletzt weiterhin mit starker und struktureller Nachfrage und hohen stabilen Margen. Die Nachfragesituation bei langlebigen Konsumgütern wie z.B. Online-Modehändlern, Haushaltsgeräte oder auch TV-Herstellern trübt sich dagegen aktuell weiter deutlich ein. Aufgrund der Inflation und speziell der hohen Energie-, Sprit- und Stromkosten, die die verfügbaren Haushaltseinkommens weltweit im Jahr 2022 negativ beeinflusst haben, sparen die Menschen derzeit bei dieser Art der Neuanschaffung. Der fundamentale konjunkturelle Ausblick auf das kommende Jahr 2023 bleibt ebenfalls durchwachsen. Aus diesen Gründen werden die Kapitalmärkte weiterhin von kurzfristigen Schwankungen und Volatilitäten dominiert werden. Vor allem der sich aufhellende Zinshorizont, die sich verbessernde Materialversorgung und sinkende Rohstoffpreise sollten Aktien- und Rentenmärkte jedoch kurzfristig vor heftigeren Verwerfungen bewahren.

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