SAME OLD QUESTION…

Gut sechs Wochen später scheint allmählich Klarheit einzukehren. Im Zeitraum Mitte bis Ende Juni kulminierten an den Finanzmärkten eine Reihe von Bewegungen. Nach dem Erreichen des Höhepunktes setzte eine Gegenbewegung ein, die aktuell wiederum an Stärke einbüßt. Und so kommt die Frage auf, was nun denn als nächstes folgt. Doch zunächst noch einmal eine kurze Bestandsaufnahme. Zur Monatsmitte stiegen im Juni die Zinsen für 10- jährige US-Staatsanleihen nochmals deutlich an und erreichten mit 3,5% p.a. den höchsten Wert seit mehr als elf Jahren. Kurze Zeit später stieg der US-Dollar gegen den Euro erneut an und erreichte annähernd die Parität. Der Dow Jones erlitt Mitte Juni einen veritablen Schwächeanfall und verlor 10 Prozent in wenigen Handelstagen, der Technologieindex Nasdaq gab sogar noch etwas mehr ab. Einer der wichtigsten Gründe für diese negative Entwicklung war eine erneute Explosion der Energiepreise, in deren Verlauf der Ölpreis (WTI) bis auf 125 US-Dollar je Barrel stieg. Kein Wunder, dass sogleich Horrorszenarien für die Inflationsraten der kommenden Monate und Jahre entworfen wurden und die Zinsen deutlich anzogen. Umfragen unter den Fondsmanagern zeigten einen beispiellosen Pessimismus an. Die strategischen Aktienquoten sanken auf nie gesehene Niveaus und die Erwartungen an die Unternehmensergebnisse für das am 1. Juli beginnende Quartal stürzten regelrecht ab. Und dann? Die ersten Unternehmen vermeldeten durchaus ansprechende Zahlen und schon nach wenigen Tagen gab es deutlich mehr positive Überraschungen als negative. Auch die Ausblicke auf das weitere Jahr klangen nicht nach Weltuntergangsstimmung. Zudem zeigten die Konjunkturdaten einen wechselvollen Verlauf, der die Befürchtungen vor einem zinsmäßigen Exzess der US-Notenbank abschwächte. Zinsen und Ölpreise sanken und die Aktienkurse stiegen sogar an. An diesem Punkt zeigte sich deutlich, dass eine Reihe von großen Investoren, unter ihnen viele Hedgefonds, im Verlauf des Monats Juni mit steigendem Volumen auf fallende Aktien- und Rentenkurse gewettet hatten. Als die erwartete Bewegung ausblieb mussten diese Positionen durch Käufe geschlossen werden, was die positive Marktbewegung nochmals antrieb und einen sich selbst verstärkenden Prozess in Bewegung setzte. Die großen Marktindizes konnten in diesem Umfeld rund 10 Prozent zulegen und die Zinsen der 10-jährigen US-Staatsanleihen sanken Anfang August auf 2,6 % p.a. Danach trübte sich das Bild erneut ein. Nun stehen die Anleger vor der schwierigen Frage, ob sie der neu erwachten Hoffnung auf sich stabilisierende Energiepreise, Inflationszahlen und Zinsen mehr Raum bei ihren Investitionsentscheidungen verleihen sollen oder ob die letzten Wochen eben doch nur eine „Bärenmarkt-Rally“ war, die nun wieder von fallenden Kursen abgelöst wird.

Beim Blick auf die Argumente fällt zunächst auf, dass der Kursanstieg der letzten Wochen von vielen Aktien begleitet wurde. Eine hohe Anzahl von steigenden Werten zeigt, dass die Investoren insgesamt optimistischer sind. Gleichzeitig ist mit dem steigenden Optimismus einer der Faktoren in den Hintergrund getreten, der bislang wegen seiner extremen Ausprägung Hoffnung für weiter steigende Notierungen bot: Der Pessimismus der großen Investoren gekoppelt mit einem sehr hohen Volumen an Wetten auf fallende Kurse. Auch der positive Effekt der Unternehmensergebnisse des 2. Quartals hat mittlerweile ausgedient. Die Ergebnissaison ist weit fortgeschritten und die Unsicherheit über die Auswirkungen der jüngsten Preisexplosion im Energiebereich inklusive seiner Folgewirkungen wird die Anleger über die nächsten Wochen begleiten. Zusätzlich entmutigte FED-Chef Powell bei seiner Rede in Jackson Hole viele derjenigen, die auf eine gewisse Deeskalation des Zinspfades der US-Notenbank gesetzt hatten. Prompt rauschten nach dem Auftritt des Notenbankchefs Aktien- und Rentenkurse wieder in die Tiefe, während der US-Dollar nochmals zulegte. In den vergangenen Tagen mehrten sich nun auch die Anzeichen dafür, dass die EZB bei ihrer nächsten Sitzung ebenfalls stärkere Zinssignale aussenden wird. Die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Inflationsraten und die Reaktionen der großen Notenbanken wird die Finanzmärkte damit auch im Herbst noch belasten. Es zeigt sich, dass es für die Hoffnung auf nachlassende Volatilität noch zu früh sein kann. Andererseits gibt es erste Indikationen dafür, dass die Abschwächung der Weltkonjunktur einige der Angstparameter der Investoren zügeln könnte. Dass es bei Strom- und anderen Energiepreisen in den vergangenen Tagen und Wochen klare Zeichen von Panik gab, die sich im Laufe der Zeit abschwächen könnten. Es bleibt dabei, dass eine defensive Ausrichtung der Investments die beste Möglichkeit bietet ohne große Blessuren durch diese schwierige Phase zu kommen und gleichzeitig bei auftretenden Chancen handlungsfähig zu sein.

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