Strategie Update August 2022

RÜCKBLICK: Rationale Unaufmerksamkeit

Nachdem sich die positive Stimmung des Monats Juli noch bis etwa Mitte des Augustes halten konnte, ging es für die meisten internationalen Aktienmärkte wieder abwärts.  Grund waren erneut Inflationssorgen, Ängste vor weiter steigenden Zinsen und einer daraus folgenden Rezession. Die Anleihemärkte gerieten ebenfalls erheblich unter Druck. Die Umlaufrendite stieg von 0,7% auf 1,5%. Der EUR/USD Wechselkurs unterschritt erstmalig seit 20 Jahren die Parität.

USA: Der Monat startete mit steigenden Aktienkursen, sinkenden Anleiherenditen und einem insgesamt freundlicheren Umfeld, vor allem aufgrund ermutigender Nachrichten rund um die Inflation.  Diese stieg im Monat Juli weniger stark als von Analysten erwartet. Der Markt preiste daraufhin eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Verlangsamung der Zinsanhebungen für die folgende Monate ein.

In seiner Rede zum Symposium der Notenbanker in Jackson Hole wurde FED-Chef Jerome Powell allerdings deutlich wie bisher selten. Die Notenbank werde alles tun, um die Inflationsrate wieder in die Zielregion von 2% zu bewegen. Schmerzen, die dadurch verursacht würden, wären unschön, jedoch nicht zu vermeiden. Er begründete dieses Vorgehen mit drei Lehren, die man aus vorherigen Inflationsereignissen gezogen hätte:

  1. Zentralbanken können erfolgreich Einfluss auf die Preisentwicklung nehmen und sollten es daher auch tun.
  2. Erwartungen spielen eine entscheidende Rolle für den Pfad der zukünftigen Preisentwicklung.
  3. Die Zentralbank muss so lange aktiv bleiben, bis der Job erledigt ist.

Insbesondere das Konzept der „Rationalen Unaufmerksamkeit“ wurde von Powell beschrieben. Das Konzept geht auf den Wissenschaftler C. Sims zurück, der in seiner Arbeit davon ausgeht, dass Marktteilnehmer nicht alle verfügbaren Informationen aufnehmen, sondern sich Teile davon aussuchen. Hier erläuterte er, inwiefern die Inflation so zum zentralen Parameter für alle wirtschaftlichen Entscheidungen wird und damit einen Kreislauf anstößt, der von der Zentralbank durchbrochen werden muss.

Auch wenn diese Aussagen plausibel und nicht neu sind, verdeutlichen sie einmal mehr, dass die Gefahr weiterer Zinsüberraschungen im Verlauf des Anhebungs-Zyklus aufgrund der angestrebten Signalwirkung im Bereich der Möglichkeiten liegen.

Ungeachtet dessen verlief auch der letzte Rest der Berichtssaison sehr positiv. Die Unternehmen des S&P500 berichteten rekordverdächtige Ergebnisse (Umsatz +12,1% yoy, Gewinn -9,5% yoy) jedoch wurde die Forward Guidance wie erwartet etwas vorsichtiger.

Europa: In Europa dominierte im August das Thema Energiepreise erneut. Hierbei sind besonders die starken Ausschläge bemerkenswert, welche die verschiedenen Notierungen zuletzt zu verzeichneten. Auch wenn die Gefahr von kalten Wohnzimmern im Winter angesichts der sich schneller als geplant füllenden Gasspeicher scheinbar sinkt, stellt sich die Frage, wie Verbraucher und die sehr produktionslastige Industrie in Deutschland und Europa damit zurechtkommen werden.

An der Zinsschraube wurde im August in Europa nicht gedreht. Wenngleich die Community der Notenbanker beim alljährlichen Treffen in Jackson Hole in diesem Jahr ohne die Präsidentin der EZB Christine Lagarde auskommen musste, wurde sie von Frau Professor Schnabel, der Chefin der Deutschen Bundesbank, würdig vertreten. Sie argumentierte für eine entschlossene Zinspolitik mit kräftigen Zinsanstiegen – ähnlich wie in den USA wurde die Signalwirkung auf die Erwartungen betont. Der Geldmarkt preiste im Nachgang einen signifikanten Anstieg der Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung > 0,50% ein.

China: Anfang des Monats besuchte die US-Demokratin und amtierende Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi Taiwan. Die chinesische Regierung reagierte mit großem Unverständnis und begann mehrere Wochen andauernde, großangelegte Militär-Manöver in der Straße von Taiwan abzuhalten, während derer mehrfach der Luftraum Taiwans durchflogen wurde. Auch wenn sich die mediale Aufmerksamkeit in der zweiten Hälfte des Monats wieder anderen Themen widmete, bleibt die Lage angespannt. Führende US-Militärs schätzen das Risiko einer chinesischen Invasion auf der Insel Taiwan innerhalb der nächsten 5 Jahre als sehr hoch ein.

Die chinesische Wirtschaft kämpft zur gleichen Zeit mit der immer noch schwelenden Immobilienkrise, den Folgen der Null-Covid Politik sowie drohenden Rezessionen in den Hauptabsatzmärkten Europa und USA. Um dem zu begegnen, wurden von der Notenbank erneut die Zinsen gesenkt und weitere substanzielle Infrastrukturpakete angekündigt. Mit den USA erzielte China eine Einigung im Transparenzstreit um den Zugang zu Unternehmenszahlen der in den USA gelisteten chinesischen Unternehmen. Der Markt reagierte sehr erleichtert, da seit geraumer Zeit ein Delisting der betroffenen Aktien im Raum stand.

AUSBLICK: …continue until the job is done

“Restoring price stability will take some time and requires using our tools forcefully to bring demand and supply into better balance. Reducing inflation is likely to require a sustained period of below-trend growth. Moreover, there will very likely be some softening of labor market conditions. While higher interest rates, slower growth, and softer labor market conditions will bring down inflation, they will also bring some pain to households and businesses.” (Jerome Powell, Jackson Hole, 26.8.2022)

Seit Anfang 2022 befinden sich die Märkte aufgrund der steigenden Zinsen und Bilanzverkürzung der Notenbanken in einer Phase der Bewertungsreduktion.  Die spannende Frage wie in jedem Monat ist, wann ein möglicher Wendepunkt erreicht werden könnte. Von Seiten der Zentralbanken ist an dieser Stelle kurzfristig und möglicherweise mittelfristig nichts zu erwarten. Solange dies nicht der Fall ist, scheint eine nachhaltige Kehrtwende wenig wahrscheinlich. Die Aktienmärkte dürften die Tiefs des Junis somit erneut testen und die Rentenmärkte, insbesondere in Europa höhere Ausfallraten einpreisen. Es ist weiterhin Vorsicht angebracht. Kaufchancen bieten sich selektiv sowohl auf der Aktien- als auch auf der Rentenseite, als auch bei Unternehmen mit besonders starker Preissetzungsmacht. Solche Gelegenheiten sind zum Beispiel auf der Aktienseite im Bereich Energie oder Infrastruktur als auch im Bereich Konsum/Luxusgüter zu finden.

STRATEGIE: Don´t fight the FED

Das schwierige Marktumfeld beeinflusst auch im abgelaufenen Monat August alle Risikoklassen unserer Anlagestragie. Daher weisen im Monat August alle Risikoklassen eine negative Performance aus. Unsere aktiven Stabilisierungsmaßnahmen zeigten jedoch auch in diesem Monat erneut Wirkung und somit konnte sich unsere Anlagestrategie den starken Verlusten am Aktien- und Rentenmarkt sogar in Teilen der Portfolien entziehen. Gegenüber den Benchmarks konnten daher alle Risikoklassen eine relative Outperformance erzielen.

Auf der Aktienseite gab es im abgelaufenen Monat einige Sektoren, die dem negativen Markttrend trotzten. Insbesondere die Bereiche Energy, Communication Services und Financials konnten einen positiven Wertbeitrag in die Anlagestrategie einbringen. Die Sektoren Materials, Information Technology, Health-Care und Biotechnologie weisen im abgelaufenen Monat zwar auch leicht negative Performancebeiträge aus, konnten sich allerdings dem Trend des Gesamtmarkts entziehen und stabilisierten somit die Aktienseite der Anlagestrategie. Die größten negativen Performancebeiträge wurden in den Sektoren Consumer Discretionary und bei Industrials generiert. Dies ist weniger überraschend, da Konsum- und Konjunkturzahlen im August keine Euphorie bei den Kapitalmarktteilnehmern ausgelöst hatten.

Auf der Rentenseite konnten im abgelaufenen Monat die Asset Klassen USD-Floater und CLOs einen positiven Wertbeitrag erwirtschaften. Die Renten Asset Klassen EUR-Investmentgrade und EUR High Yield lieferten zwar einen negativen Performancebeitrag, jedoch blieben sie weit hinter der negativen Performance von europäischen Staatsanleihen zurück, die im August rund 5% verloren. Unsere frühzeitig getroffene Entscheidung in Phasen von Zinserhöhungen und Unsicherheiten keine Staatsanleihen zu halten sowie eine taktische Kasse aufzubauen, hat im abgelaufenen Monat zu einer maßgeblichen Outperformance auf der Rentenseite der Anlagestrategie geführt.

Im abgelaufenen Monat haben wir keine Veränderungen an der Asset Allokation vorgenommen und befinden uns weiterhin bei einer neutralen Aktiengewichtung. Durch die hohe taktische Kasse haben wir die Duration und das Risiko auf Rentenseite stark verkürzt. Die laufenden Anlagen auf der Rentenseite zeichnen sich aktuell durch eine hohe laufende Verzinsung und eine mittlere Duration aus.

Wir planen Allokationsschritte auf Aktien- und Rentenseite, sofern sich im volatilen Marktumfeld attraktive Chancen ergeben sollten. Insbesondere Unternehmensanleihen mit gutem Rating bewegen sich aktuell wieder in einer Renditebandbreite, die für uns langfristig attraktiv erscheint. Im Aktienbereich steht weiterhin Bilanzqualität und Wachstum in unserem Fokus.

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