Strategie Update Februar 2022

Die Ereignisse des Februars 2022 in einen sachlichen, ökonomischen Kontext einzuordnen, fällt uns angesichts des Grauens, welches rund 40 Millionen Menschen in der Ukraine derzeit zu ertragen haben, nicht leicht. Diese akute Bedrohung aller Aspekte des Lebens, welche wir in Deutschland täglich als selbstverständlich erleben, ist markerschütternd.

Als Vermögensverwalter sehen wir uns jedoch in erster Linie dem Vermögenserhalt der uns anvertrauten Vermögenswerte verpflichtet und ziehen daraus die Motivation auch weiterhin sachlich, risikobewusst und chancenorientiert auf das Marktgeschehen zu blicken.

Rückblick

Zu Beginn des Monats ordneten die meisten Marktteilnehmer sowie geopolitischen Strategen einem Szenario des Ukraine-Konfliktes wie es sich heute in der Realität darstellt, eine eher geringe Wahrscheinlichkeit zu. So wurde das Marktgeschehen zunächst weitgehend durch die etwas höher als erwartet ausgefallenen CPI-Daten für den Januar aus den USA geprägt. Dies führte zu deutlich erhöhter Volatilität im Rentenmarkt und weiter fallenden Kursen an den Aktienmärkten, mit einem Schwerpunkt auf Anteilen an den Unternehmen, bei denen vor allem zukünftiges Wachstum Bestandteil der Bewertung ist.

Diese Entwicklung gipfelte in einer Preiskapriole, welche am 11.02. sogar temporär eine außerplanmäßige Zinsanhebung um 50 Basispunkte noch im Februar einpreiste. Etwas zur Beruhigung trug wenige Tage später die Veröffentlichung des Protokolls der US-Notenbanksitzung aus dem Januar bei, in welchem ein eher moderater Ton dominierte. So wurde dort der Weg für monatliche Zinsanhebungen ab dem Monat März um 25 Basispunkte bereitet mit dem klaren Hinweis, dass man datenabhängig das Tempo verlangsamen könne, sofern eine Belastung der Volkswirtschaft erkennbar sei.

Der Fokus des Marktgeschehens verlagerte sich im weiteren Verlauf des Monats zunehmend auf das Thema „Ukraine-Konflikt“. Mit der Invasion russischer Truppen in die Ukraine am 24.02. wurde nicht nur ein neues Kapitel der Europäischen Geschichte aufgeschlagen. Während die Europäischen Aktienmärkte seit Beginn des Jahres weniger stark von der Zinsdebatte betroffen waren, verloren die Aktien europäischer Unternehmen mit geschäftlichen Verbindungen nach Russland stark an Wert.

Auch der europäische Finanzsektor wurde im Kontext der potenziellen Ausfälle aus von Sanktionen betroffenen Forderungsportfolien stark in Mitleidenschaft gezogen. Die US-Aktienmärkte brauchte nur wenige Tage, um die relativ betrachtet schlechtere Performance seit Jahresanfang aufzuholen.

Quelle: Bloomberg LLP, Eigene Berechnungen RAM

Per Ende Februar preisten die Märkte steigende Energiepreise, reduziertes Wachstum als auch eine Verschärfung der Lieferkettenproblematik ein. Die Gaspreise schossen innerhalb weniger Tage um 70% in die Höhe. Auch Nahrungsmittelpreise verteuerten sich deutlich. Die Rückgänge der Aktienmärkte spiegelten jedoch keine Panik wider. Offensichtlich gehen die Marktteilnehmer nach wie vor von einer mittelfristigen Lösung des Ukraine Konfliktes, sowie von überschaubaren wirtschaftlichen Konsequenzen aus. Grund hierfür war die überwältigende Einigkeit und Entschlossenheit, welche sich im Kontext der Ukraine-Invasion in der westlichen Welt zeigte. Bemerkenswerte  Entwicklungen in diesem Zusammenhang sind eine UN-Resolution getragen von 141 Ländern, die sich gegen Russland stellen, die Aufgabe der Neutralität der Schweiz durch ein Bekenntnis der Sanktionen gegen Russland, sowie die historische Kehrtwende der Deutschen Bundesregierung u.a. im Hinblick auf Waffenlieferungen an die Ukraine.

Ausblick

Die Ausprägung der ökonomischen Auswirkungen, welche die verheerende Invasion Russlands in die Ukraine haben wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Wahrscheinlich ist, dass das Wachstum der Weltwirtschaft – insbesondere Europas spürbar belastet wird. In Europa ist eine Rezession wahrscheinlich. Ausgelöst durch zusätzlichen Druck auf Lieferketten sowie steigende Rohstoff- und Energiepreise werden die Inflationsraten allerorten weiter steigen und zumindest die Normalisierung der Preissteigerungen um einige Zeit verschieben. Als Resultat könnten die Märkte in den nächsten Wochen ein Stagflationsszenario einpreisen. Das würde bedeuten, dass sich defensive Aktien, Rohstoffe und Gold besser entwickeln als Anleihen und zyklische Aktien. Ungeachtet der Krise dürfte die US-Notenbank an Ihrem angekündigten Kurs zunächst festhalten.

Folgende Faktoren könnten sich positiv auf das Geschehen auswirken und die Ausprägung des Angebotsschocks und der daraus folgenden weiter hohen Inflationsraten abschwächen:

  • Aktuell formieren sich erneute anlassbezogene staatsschuldenfinanzierte große Investitionsprogramme, die aufgrund des „Investitionsdrucks“ vergleichsweise schnell bewilligt werden dürften und damit kurzfristig zur Wertschöpfung beitragen dürften.
  • Das Abklingen der Pandemie führt trotz medialer Vernachlässigung zu Nachholeffekten.
  • Der Fachkräftemangel und die hohen Kapazitätsauslastungen führen zu Investitionen in
    Digitalisierung, Automatisierung und Ausrüstungen. Die Produktivität nimmt im Verlauf des
    Jahres spürbar zu

Wie schon die Corona-Pandemie dürfte auch die aktuelle Krise ein Katalysator für die für uns definierten Zukunftsthemen wirken. So gehen wir von nachhaltig großen Investitionen in Technologien
aus dem Bereich Klima & Umwelt, Gesundheit und Digitalisierung aus.

Strategie

Das skizzierte Marktumfeld übte insbesondere Ende Februar erheblichen Druck auf unsere Anlagestrategie aus, da der gesamte Aktienmarkt abgestraft wurde. Im Februar
verzeichneten unsere Strategien über alle Risikoklassen hinweg eine negative Performance.

Jedoch reagierte unsere Anlagestrategie weniger sensitiv auf das veränderte Sentiment an den Aktienmärkten als die großen europäischen Indizes. Hintergrund ist die hohe Gewichtung unserer
Portfolien in Nordamerika. Des Weiteren stabilisierte unser Engagement in den Wachstumsthemen Klima & Umwelt, Future Mobility sowie Gesundheit die Anlagestrategie.

Auch unsere Rentenallokation konnte im abgelaufenen Monat keine positiven Wertbeiträge in die Anlagestrategie liefern. Im Zuge der Verwerfungen am Aktienmarkt kam es in Unternehmensanleihen zu Spread-Ausweitungen, welche die Performance von Rentenpapieren negativ beeinflusste. Aufgrund unserer Positionierung in mittleren Durationen und moderaten Bonitätsrisiken fiel dieser Effekt jedoch vergleichsweise mild aus.

Aktuell sind wir auf der Aktienseite leicht unterhalb eines neutralen Gewichtes positioniert. Aufgrund der komplexen Rahmenbedingungen haben wir im Monat Februar jedoch noch keine Veränderung an der Asset Allokation vorgenommen. In unsere Analyse der einzelnen Währungsräume fließt auch die Bewertung politischer Risiken mit ein. Daher hatten unsere Portfolios zu keinem Zeitpunkt ein direktes Engagement in Russland. Auch das indirekte Russlandrisiko bzw. die Verflechtung der von uns selektieren Aktien, ETF und Fonds in diesen Währungsraum sind sehr gering.

Die oberste Prämisse ist die Anlagestrategie so stabil und robust wie möglich zu halten. Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Allokation von Wachstumsthemen langfristig erfolgreich ist. Dies zeigen auch die jüngsten Entwicklungen.

Angesichts der Ungewissheit, die mit all diesen Einschätzungen verbunden ist, halten wir es weiterhin für sinnvoll eine vorsichtige und diversifizierte Investitionspolitik zu verfolgen und die Lage täglich neu zu bewerten.

Erfahrungsgemäß gehen Krisen regelmäßig mit übertriebenen Kursreaktionen einher. Selektiv kann es daher sinnvoll sein, an schwachen Tagen durch gezielte Zukäufe Aktienquoten zu erhöhen. Hierbei gilt es zu bedenken, dass günstige Kurse und gute Nachrichten selten am gleichen Tag zu beobachten sind. Risiken z.B. von sehr rohstoffabhängigen Regionen oder Branchen gilt es zu hinterfragen. Eine Anhebung der Aktienquote werden wir von den geopolitischen und konjunkturellen Entwicklungen abhängig machen und diese erst durchführen, wenn wir das Chance/Risiko Verhältnis für verantwortbar halten.

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